Alles gut (?)
Liebe leben
Die Bedeutung des Wortes "Liebe" ist vielfältig. Sie reicht von
"Ich liebe dich" über "Ich liebe mein Auto" bis zu "We love to entertain you". Liebe steht
heute für Freude, Spaß, Genuss, Vereinigung, Hingabe, Mitgefühl und vieles
andere mehr. Immer jedoch ist das Wort Liebe ein Ausdruck für ein
positives Gefühl. Wenn hier von "lieben" die Rede ist, ist all das
damit gemeint.
Ich liebe die Welt so, wie sie ist.
Ich stelle mir vor, ich fliege durch den Weltraum und erblicke die Erde. Im komme
immer näher und entdecke immer mehr Details. Ich sehe Pflanzen, Tiere, Menschen,
Liebe, Hass, Krieg, Frieden, Leben und Sterben und vieles mehr. Dabei erkenne ich, dass
alles, was geschieht, immer die Folge einer Ursache und jede dieser Folgen immer die
Ursache einer neuen Folge ist. Damit es auf der Erde so ist, wie es ist, musste alles
genau so sein, wie es war. Darüber hinaus ist alles, was auf der Erde existiert
und geschieht, miteinander verbunden. Dabei ist das "Gute" nicht nur Ursache
für Gutes, sondern auch für "Schlechtes", und ebenso kann das
"Schlechte" auch eine Ursache für etwas "Gutes" sein. Ein Baum im
Regenwald ist Lebensraum für Tausende anderer Lebewesen, gleichzeitig nimmt der
Schatten seiner Blätter jedoch anderen Pflanzen das lebensnotwendige Licht. Es
gibt unzählige Aspekte eines Lebewesens, die unzählige Folgen bewirken, und
diese Folgen bewirken wiederum andere Folgen. In allem, was existiert, summieren sich
unzählige Folgen unzähliger Ursachen, die wir mit unserem Denken in ihren
Auswirkungen nicht einmal ansatzweise erkennen können. Wenn zum Beispiel ein Mensch
einem anderen das Leben rettet, sind die Folgen dieser Handlung mit sämtlichen Folgen,
die wiederum aus dem Leben des geretteten Menschen entstehen, verbunden. Wir Menschen
neigen leider dazu, die Ausdrucksformen des Lebens zu bewerten, ohne den Gesamtzusammenhang
zu kennen. Dieses Bewerten jedoch ist eine der Ursachen dafür, die Welt nicht zu lieben.
Doch man kann immer nur subjektiv bewerten, denn eine objektive Bewertung ist unmöglich.
Wir können einen Zustand nicht gleichzeitig aus den Perspektiven der subjektiven
Realitäten mehrerer Beteiligter bewerten, die entgegensetzte Interessen haben, und
noch weniger können wir sämtliche Folgen erkennen. Deshalb können wir
höchstens unsere subjektive Realität bewerten - und eigentlich noch nicht einmal
das, denn schon hier sind die diversen Ursachen und Folgen auf Grund ihrer vielfältigen
Vernetzung unüberschaubar. Wie könnte vor diesem Hintergrund die unterschiedlichen
Ausdrucksformen der Welt objektiv beurteilen? Welchen Maßstab könnte ich
dabei anlegen außer meinem eigenen, der ja nur völlig subjektiv sein kann?
Wer kann sagen, wie die Welt heute wäre, wenn der zweite Weltkrieg nicht
stattgefunden hätte? Könnte es nicht sein, dass dann ein eventueller andererer
Krieg unsere Erde vernichtet hätte? Niemand kann das wissen. Nur wenn ich damit
aufhöre, die Ausdrucksformen der Welt zu bewerten, kann ich die Welt so lieben,
wie sie ist. Und zweifellos ist sie in "Ordnung" so, wie sie ist, sonst
würde sie in ihrer allumfassenden Vernetzung nicht existieren. Wäre sie nicht so,
wie sie ist, wäre sie anders - vielleicht ohne dich, ohne mich, doch in jedem Fall
ebenfalls mit "guten und schlechten" Seiten. Indem ich alles, was existiert,
als Ausdruck des einzigen und damit desselben Lebens wahrnehme, welches auch mich
belebt, gelingt es mir, die Welt so zu lieben, wie sie ist.
Ich richte meine Aufmerksamkeit auf die Gemeinsamkeiten statt auf das Trennende.
Durch Bewerten trenne ich mich von den Objekten meiner Bewertung. Ich setze dadurch das
Bewertete in ein bestimmtes Verhältnis zu meinen eigenen Werten und mache mir
vorwiegend die Unterschiede bewusst. Auf diese Weise kann ich mich langfristig von der
gesamten Welt trennen, um am Ende ganz allein zurück zu bleiben. Doch die
vordergründigen Unterschiede der Welt sind nur die eine Seite der Wahrheit, die
Gemeinsamkeiten sind die andere. Ungeachtet aller Unterschiede steht gleichzeitig alles
Existierende miteinander in Verbindung. Ein kräftiger Meteoriteneinschlag auf dem
Jupiter würde dessen Laufbahn verändern, dies wiederum würde unsere
Erde aus ihrer Bahn werfen und alles Leben darauf beenden.
Das Prinzip von Ursache und Wirkung gilt universell. Wenn ich mich durch Bewerten von
den Ausdrucksformen meiner Umwelt trenne, gestalte ich dadurch Ursachen, die
unvermeidlich bestimmte Folgen nach sich ziehen. Das Gefühl des Getrenntseins
verstärkt wiederum das negative Bewerten, was einer inneren Kriegserklärung
entspricht, die inneren Unfrieden erzeugt und über den Zustand der Trennung zu
innerem Krieg führt. Wenn ich aber meine Aufmerksamkeit auf die Gemeinsamkeiten
richte und mir mein Verbundensein mit dem Rest der Welt bewusst mache, entstehen daraus
ebenfalls Folgen. Durch Trennung entsteht Zerfall, durch Gemeinsamkeit entsteht
Verbindung, durch Verbindung Harmonie. Indem ich mein Verbundensein mit der gesamten
Schöpfung erkenne und in der Folge dann auch empfinde, kann und werde ich alles lieben.
Aus dieser alles umfassenden Liebe entwickelt sich innere Harmonie.
Ich liebe meine Gedanken und Gefühle, statt sie zu verurteilen und zu verdammen.
Manchmal denke ich Gedanken, die mir nicht gut tun. Manchmal durchlebe ich Gefühle,
die überaus schmerzhaft und manchmal sogar unerträglich sind. Doch alle meine
Gefühle und Gedanken entstehen in mir selbst. Wenn ich sie also verurteile oder
verfluche, weil ich sie nicht ertragen will oder kann, verdamme ich damit mich selbst.
Wenn ich so mit mir umgehe, leide ich an mir selbst. Wenn ich an mir selbst leide,
ersticke ich meine Lebensenergie. Also nehme ich meine Gedanken und Gefühle an, weil
sie ein Teil von mir sind. Wenn ich sie annehme, werde ich lernen, ihren Sinn und Zweck
zu verstehen. Wenn ich ihren Sinn verstehe, kann ich mit allen meinen Gefühlen und
Gedanken leben und sie dann sogar lieben, unabhängig davon, welche Empfindungen
sie in mir auslösen. Was für meine eigenen Gedanken und Gefühle gilt, gilt
ebenso für die Gedanken und Gefühle meiner Mitmenschen, denn wir alle sind eins
und entspringen derselben Quelle. Indem ich erkenne und akzeptiere, dass alle Gedanken und
Gefühle ihre Berechtigung haben und deshalb liebens-wert sind, kann ich sie liebevoll
annehmen und mit ihnen Frieden schließen. So finde ich inneren Frieden.
Ich liebe mich, statt an mir selbst zu leiden.
Das Selbst hat ein Bedürfnis nach freier Entfaltung und umfassender Verbindung mit
seiner Quelle. An sich selbst zu leiden bedeutet, dass das Ego an den unerfüllten
Bedürfnissen des eigenen Selbst leidet. Selbstleid entsteht, wenn sich mein Denken
mit dem Zustand meines leidenden Selbst beschäftigt, statt sich nach außen zu
orientieren. Aus diesem Leiden an mir selbst entsteht Selbstmitleid und letztlich
Selbsthass. Dieser Selbsthass schließlich führt zu Selbstzerstörung und
am Ende zum Verlust der Lebenskraft. Nur wenn ich mein Denken nach außen
orientiere, kann sich mein Selbst frei entfalten, und nur dann kann ich aus meinem Selbst
heraus handeln. Nur wenn ich aus meinem Selbst heraus handle, mache ich das, was mir
wirklich gut tut und mir Freude, Erfüllung und inneren Frieden bringt. So drückt
sich wahre Selbstliebe aus. Meine Selbstliebe spüre ich daran, dass ich liebe, was ich
tue und es liebe, so zu sein, wie ich bin. Wenn ich liebe, was ich aus meinem Selbst
heraus tue, liebe ich damit mich (mein) Selbst. Indem ich mein Denken statt zum "ich"
hin zum "du" lenke, nicht aus meinem Ego sondern aus meinem Selbst heraus handle,
meiner inneren Führung folge und deshalb "ich selbst" bin, wird sich mein
Selbst(mit)leid mit der Zeit unvermeidlich in Selbstliebe
verwandeln.
Ich liebe alles, was existiert.
Alles was existiert, ist Ausdruck der Schöpfung. Liebe ich einen Menschen, kann ich
auch alle anderen Menschen lieben, denn sie alle sind eine Manifestation derselben Kraft.
Liebe ich den Wind, kann ich auch den Sturm lieben, oder auch einen versteinerten Fisch,
der vor seiner Versteinerung ein lebendes Wesen war vom selben Ursprung wie ich selbst.
Einen Unterschied gibt es nur in meinen eigenen Vorstellungen und Wertungen, die Essenz aller
Existenz jedoch ist unzweifelhaft eins. Grundlage von allem ist eine Schwingung,
ein Geist und eine Materie. Nichts davon geht verloren, alles davon war schon immer da.
Fleisch und Knochen eines Kindes entstehen nicht aus dem Nichts, sondern aus der Nahrung seiner
Mutter. Liebe ich mein Baby, liebe ich damit auch die Gurken, die seine Mutter in den letzten
Monaten verzehrt hat, damit auch die anderen Pflanzen, die wiederum Nährstoff für alle
anderen Lebewesen sind und waren und damit schlicht die gesamte existierende Lebenskraft dieser
Welt. Ich bin erst dann dazu fähig, rein und wahrhaftig zu lieben, wenn ich alles und
jeden in seinem Ausdruck als Teil der Schöpfung lieben kann. Wenn ich meine Existenz bewusst
als Teil des Gesamtwerkes "Schöpfung" begreife und empfinde, verringert sich
mein Gefühl des Getrenntseins. Dann kann ich mein Verbundensein und meine Gemeinsamkeiten mit
dem Rest der Welt erkennen und erfahren. Wenn dies der Fall ist, folgt das Gefühl der
Liebe zu allem ganz von selbst. Dann kann ich nur noch wahre Liebe leben.
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